Robert John Hope übers Soloarbeiten, Songschreiben und Feedback der Zuhörenden

Die Songs sind Ergebnis einer intensiven Selbstreflexion.

Als Frontmann der irischen Band Senakah tourte Robert John Hope acht Jahre lang mit der Band und als Solokünstler durch Amerika und Europa. Nun hat er seine erste Solo-EP «The Unravelling» veröffentlicht, aufgenommen auf einem Schiff im Berliner Treptower Park. Im E-Mail-Interview erzählt der irische Singer-Songwriter über 

miwi.ch: Rob, um was geht es in den vier Songs deiner ersten Solo-EP?
Robert:
Ich habe diese Lieder während einer sehr nachdenklichen Zeit in meinem Leben geschrieben, in der es eine Menge Veränderungen gab. Ich musste einen Schritt zurückgehen, um diese zu bewerten. Es fühlte sich wie ein Schock des Systems an und führte zu einer ziemlich krassen Erkenntnis meiner Errungenschaften, schrecklichen Misserfolgen, unvermeidlichem Bedauern und sogar freudigen Momenten in den letzten Jahren. Als solche erkunden diese Songs, zum Guten und Schlechten, die Akzeptanz und Kostbarkeit von Erfahrung sowohl auf persönlicher Ebene, als auch allgemein. Ich denke, dies inbesondere beim Schreiben von «Colorado» und «Easy», wo es auch eine kindliche Vorfreude und Aufregung gibt, mit der ich sehr zufrieden bin. Bei «Standards» und «Trying» würde ich lügen, wenn ich sagen würde, dass sie nicht einige der Frustrationen widerspiegeln, die ich durch Beobachtungen des modernen Lebens empfinde. Es sind Frustrationen, die ich kenne, und von vielen anderen so empfunden werden. Ich blicke jedoch sehr zuversichtlich in die Zukunft, und wenn sich diese Einstellung in den Songs widerspiegelt, ist das sehr befriedigend für mich. Thematisch und musikalisch könnte ich mit dieser ersten Solo-Veröffentlichung nicht glücklicher sein.

Wie sind die Songs entstanden?
Die Songs waren das Ergebnis einer intensiven Selbstreflexion und meiner Bestandsaufnahme. Ich war eigentlich zu Hause in Irland und habe einige Fotos von früheren Zeiten auf Tournee und meinem Leben als ich in den USA gelebt habe, angesehen, was zum Schreiben von «Colorado» und «Easy» führte. Nur wenn man sich von verschiedenen Ereignissen entfernt, kann man sie wirklich sehen und schätzen, was sie waren, sowohl im Hinblick auf das Gute als auch auf das Schlechte. Musikalisch wollte ich, dass diese Songs den Soundtrack widerspiegeln, den ich in meinem Kopf habe, wenn es um diese spezifischen Perioden ging, und ich bin so glücklich mit den wurzelnden Arrangements, wie sie jetzt sind. Ich bin auch ein scharfer Beobachter des aktuellen Geschehens und der Entwicklung der Technologie in der Gesellschaft, und wie das unser Leben positiv und negativ beeinflussen kann. Die letzten Jahre waren in dieser Hinsicht sehr interessant und man kann nur die verschiedenen Erzählungen aufnehmen, die sich daraus ergeben. Ich habe versucht, meine Beobachtungen dieser realen oder imaginären Erzählungen, sowohl auf einer subjektiven als auch auf einer objektiven Ebene festzuhalten, wenn es um «Standards» und «Trying» ging. Doch wie ich bereits erwähnt habe, fühlen sich die Dinge unfertig an, wenn es kein Licht am Ende des Tunnels gibt – etwas, das die Menschen begreifen können, und ich fühle und hoffe, dass das lyrisch und musikalisch erreicht wurde.

Wie war es für dich, ohne Band an neuer Musik zu arbeiten?
Mein Songwriting-Prozess hat sich nie wirklich verändert, da ich die Songs immer mit einem breiten Arrangement im Kopf geschrieben habe. Wenn man jedoch Teil einer Band ist, neigt man dazu, Songs zu schreiben, die auf das gesamte Ethos, den Sound und die Richtung der Band in diesem speziellen Moment abgestimmt sind. Als ich Teil meiner vorherigen Band war, gab es zudem den Druck, die Arbeiten schneller und im Nachhinein muss man sagen, mit weniger Spielraum zu erledigen. Die Songs, die ich vor Kurzem und für die EP geschrieben habe, waren ehrlich gesagt die schönste Zeit, in der ich geschrieben habe, weil ich viel Freiheit in Bezug auf die Richtung empfunden habe, in die ich das Material bringen will. Aber ich fand es auch schwieriger als vorher, da ich viel härter zu mir selbst war und sie so gut, wie möglich nur irgend möglich machen wollte. Dieses Mal begann ich jedes Lied mit der Idee, dass ich ihnen gerecht werden kann, indem ich sie selbst spiele, während ich gleichzeitig dafür sorgte, dass die Lieder den Raum haben, den sie in Bezug auf das gesamte Bandarrangement aufbauen können. Ich bin sehr zufrieden mit der Gruppe, die ich jetzt habe, da sie alle so kreativ sind und so viel zum Gesamtklang beitragen und den Tracks ihren eigenen Stempel aufdrücken.

Für das nächste Jahr ist ein Album geplant. Wie weit ist die Arbeit daran fortgeschritten?
Das Album steht kurz davor, vollständig geschrieben zu sein, und während an den Gesamtarrangements noch gearbeitet werden muss, ist die Vision, wie das Album insgesamt klingen wird, so gut wie da. Die Vorproduktion ist so wichtig, wenn es um einen grossen Teil der Arbeiten geht, und dieser Prozess wird in diesem Sommer ernsthaft beginnen. Zum Glück haben wir ein wunderschönes und inspirierendes Arbeitsumfeld, denn das Studio befindet sich auf einem Schiff auf der Spree im Treptower Park, Berlin. Wie man sich vorstellen kann, hilft es, in einer entspannten Atmosphäre zu arbeiten, wenn man das Beste aus den Aufnahmen herausholen will. Im Idealfall möchte ich das Album bis zum nächsten Frühjahr komplett aufgenommen und fertig gestellt haben und kurz danach veröffentlichen.

Was sollen Zuhörerinnen und Zuhörer mitnehmen, wenn sie deine Musik anhören?
Wenn du einen Song schreibst, hast du ihm eine Bedeutung gegeben, in der Regel etwas sehr Persönliches. Aber eines habe ich festgestellt, nachdem ich unzählige Shows gespielt und mit so vielen Leuten gesprochen habe, die mir erzählt haben, was die Songs für sie bedeuten, ist, dass Songs Emotionen und Erinnerungen auslösen können, die für diese Person absolut persönlich sind, was ich nie hätte planen können. Ich habe es nie so aufgenommen, dass meine Botschaft nicht beim Zuhörer ankommt, sondern dass ich so viel Freude daran habe, ihre Geschichte zu hören. Zum Beispiel ist der Track «Colorado» für mich ein Lied, das, so hoffe ich, meine Erinnerungen an eine ganz besondere Zeit in meinem Leben widerspiegelt, einschliesslich der Erfahrungen und des Bedauerns dieser Zeit. Aber die Leute haben mir von ihren eigenen Erfahrungen mit dem Lied erzählt, und wie es sie in eine bestimmte Zeit, einen bestimmten Ort oder sogar eine Person zurückgebracht hat, in einem Fall eine längst verstorbene Person. Aus erster Hand zu hören, wie deine Musik einen Menschen mit etwas tief in ihm verbunden hat, lässt einen bescheiden werden und ist offen gesagt einer der Gründe, warum ich immer wieder spiele. Um die Frage zu beantworten: Wenn es eine Sache gäbe, die ich gern von Leuten hören würde, dann wären es die Elemente, die diese Erinnerungen wecken, die längst in den in ihren Hinterkopf verdrängt wurden.

Die EP ist hier auf iTunes erhältlich. Mehr über den Künstler gibt es unter facebook.com/robertjohnhope.